Dienstag, 14. Mai 2013

Eingelegte Artischocken



Bevor es ans Rezept geht, hole ich ein bissi aus. Wir waren ja die letzten beiden Wochen in Italien, die meiste Zeit in Venedig. Und zwar genau zur Artischockenzeit! War zwar nicht beabsichtig, aber ein erfreulicher Nebeneffekt. Und in Venedig gibt es nur Weniges, das "normal" ist. Angefangen bei den Anfängen von Venedig, denn wer kommt schon auf die Idee, in einem Malariagebiet Holzpflöcke ins Meer zu hauen und da Häuser drauf zu bauen?

Aber zurück zu den Artischocken: Die heißen nicht einfach Carciofo wie im Rest von Italien, sondern Castraure.
Als ich die Preise für die Castraure am Markt bei der Rialto-Brücke gesehen habe, hat es mich fast aus den Socken gehauen: 1 Euro pro Stück! Und das sind wirklich winzige Dinger. Also entstand der Plan, die Artischocken direkt ab Erzeuger zu beziehen.

Diese Castraure wachsen auf einer venezianischen Insel namens San Erasmo - falls es jemand nicht wissen sollte: Venedig ist nicht eine einzige Insel, sondern besteht aus vielen kleinen Inselchen. Eine davon ist San Erasmo, eine ganz unbekannte und touristisch gar nicht erschlossene Insel - 4 km lang und ein paar hundert Meter breit. Sie ist gänzlich landwirtschaftlich genützt.

Die Artischocken bilden im ersten Jahr nur kleine Rosetten, ab dem zweiten Jahr kann für ca. 5 Jahre geerntet werden, dann ist Ende. Daher diese unterschiedlich großen  Pflanzen.


Der Tag war wunderbar! Strahlender Sonnenschein und überhaupt keine Touristen. Das war unglaublich wohltuend nach der Zeit, die wir durch Venedig, Murano, Burano und wie die Inseln alle heißen, geschoben wurden.  Es gibt ja auch wirklich nicht viel zu sehen auf San Erasmo als links und rechts Felder.

Als wir dort waren, hätte ich mir ein Fahrrad gewünscht, denn damit könnte man die Insel sicher wunderbar umrunden.

Man sieht es den Pflanzen an: das sind Disteln. Und die werden groß, ganz schön sogar. Hier habe ich den Turbohausmann neben eine Pflanze gestellt, damit man das ein bissl abschätzen kann.

Auf San Erasmo hat sich die Lage anders dargestellt als geplant: ein einziges Schild fanden wir, auf dem Direktvermarktung angeboten wurde. Dort war aber niemand anzutreffen. Wahrscheinlich wäre es besser gewesen, am Abend dort aufzukreuzen, weil tagsüber sieht man kaum jemanden.

Die Leute, die auf San Erasmo wohnen, fahren mit diesen kleinen dreirädrigen Transportwägen mit Ladefläche. Einige wenige haben unseren Weg gekreuzt, sonst waren wir mit jeder Menge Landschaft allein.

Wir mussten uns also leider wieder unverrichteter Dinge von San Erasmo verabschieden. Dennoch war die Zeit nicht vergeudet und sollte man sich ein paar Stunden auf dieser Insel gönnen, wenn man einmal vollkommen abseits der sonstigen touristischen Wege gehen möchte. Wir haben die Zeit auf der Insel genossen!


Manchmal überkommt mich der Wahnsinn und dann kommt so etwas heraus: Ich habe am letzten Tag einen Berg (ca. 1 Kilo) der wunderschönen winzigen Artischocken gekauft und mit nach Wien gebracht. Wenn ich keine Arbeit hab, dann mach ich mir eine ... Denn das, was ich da getan habe, war wirklich grenzwertig. Eine gefühlte Ewigkeit hat das gedauert, bis ich diese Winzlinge geputzt hatte!

Übrigens: Falls jemand Artischocken kauft, sollte man die wirklich rasch verarbeiten. Langes Herumliegen tut ihnen nicht gut, irgendwo habe ich gelesen, sie würden sogar giftig nach zwei Tagen, aber das kann auch ein Gerücht sein. Weiß vielleicht jemand Genaueres?




Letztens hat mir jemand gesagt, dass er absolut gar keine Ahnung hat, was man mit Artischocken eigentlich tun muss, damit man sie essen kann. Daher geht es mit Fotos und Schritt-für-Schritt-Anleitung weiter.

Schritt Nummer 1: Einen Topf mit 2 l Wasser und dem Saft von zwei Zitronen bereit stellen. Artischocken verfärben sich ganz rasch, wenn sie einmal angeschnitten sind. Das heißt, sofort nach dem Herumgeschnibbsel schmeißt man sie in das Zitronenwasser!

Man schneidet den Stiel der Artischocke ab und ca. 1/3 der Spitze.

Die äußeren, harten Blätter zupft man ab. Wenn die ersten Blättchen unten dick und fleischig sind, ist man dort angekommen, wo man hin will.

Die venezianischen Artischocken kann man angeblich ganz essen, aber ich bin da pingelig: Bei mir muss das Heu immer raus. Bei den Winzlingen am besten mit dem Stiel eines Mokkalöffels zu bewerkstelligen. Ist auch das heraußen, wandern die Artischocken in das Zitronenwasser.

Falls jemand nicht weiß, warum ich da Einweghandschuhe trage: Hier sieht man es. Artischocken färben grauslich ab und das hält auch recht gut an den Fingern.
Zu den Artischocken im Zitronenwasser kommt nun noch eine ganze Zitrone, in Scheiben geschnitten. Weiters ein paar Lorbeerblätter - meine sind bio und daher entsprechend klein, also habe ich 5 genommen. 2 TL schwarze Pfefferkörner, 2 Gewürznelken, 1 Glas Weißwein und 1 Glas Weißweinessig (je 1/8 Liter), weiters ein paar Zweige Thymian dazugeben und alles zum Kochen bringen. Meine kleinen Artischockerln waren nach 8 min. so weit, dass ich sie abseihen konnte.  Wenn sie ausgedampft sind, in noch heiße, sterilisierte Schraubgläser geben, mit Olivenöl bedecken, Gläser mit erwärmtem Deckel zuschrauben. (= Kopfraum-Pasteurisierung, dafür den Deckel auf einer warmen Herdplatte erwärmen, nicht zu heiß!!!)

Ja, ja, ich weiß, ich werde einen Preis für dieses Foto gewinnen ... ;)



Inspiration für das Rezept war das Kochbuch "eatdrink" von Klaus Kamolz, erschienen im Metroverlag.

24 Kommentare :

  1. Köstlich sieht das aus!

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  2. wunderbarer bericht!
    artischocken von einer venezianischen insel - wieder was dazugelernt.

    wenn ich das richtig in erinnerung habe, gab es beim stekovics heute nordital. bergartischocken-pflanzen (südtirol oder so?!)zu kaufen.
    sina kann das aber sicher berichtigen.

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    1. Artischocken wachsen auch bei uns, nur halt nicht jede Sorte. In Raasdorf im Marchfeld gibt es einen Artischockenbauer. Da will ich irgendwann eh hinschauen. Aber was ich mir immer alles vornehme und was dann in der Realität übrig bleibt, das sind zwei Paar Schuhe. ;)

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  3. Vielen Dank für deinen ausführlichen Bericht. Ich habe sie auch gerade zum ersten Mal zubereitet und hatte gar keine Ahnung ;-) allerdings habe sie nicht gefärbt, obwohl sie auch lilafarbene Blätter hatten...echt, sie werden giftig, wenn man sie länger lagert? Das kann ich mir eigentlich nicht vorstellen, aber ich mache mich mal schlau und sage dir dann Bescheid! Und aus den wunderschönen Gläsern würde ich gern mal naschen ;-)

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    1. Diese dunklen Artischocken färben bei dir nicht? Die färben bei mir immer. Die großen grünen färben bei mir auch nicht, aber die kleinen violetten schon.

      Ich hab gestern noch gegoogelt von wegen giftig, konnte aber nichts mehr finden. Dafür habe ich aber gefunden, dass gekochte Artischocken nach zwei Tagen giftig werden. Hm ... das kann ich nun gar nicht glauben, weil sonst könnte es keine eingelegten Artischocken geben. Wenn du etwas findest, wäre es schön, wenn du es mich wissen lässt.

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    2. Ich habe sehr lange gesucht und nichts, bzw. Widersprüchliches gefunden...meine letzten Artischocken habe ich gut 2 Tage im Kühlschrank gelagert, die waren noch tadellos und eben, dass gegarte (eingelegte) Artischocken giftig werden sollen kann ich mir nicht vorstellen, vielleicht, wenn man sie nicht einlegt und nur so im Kühlschrank lagert...

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    3. Danke für deine Rückmeldung!
      Ich denke, dass genug Küchengerüchte durch die Gegend schwirren. Dann bin ich immer unsicher, ob ich die verbloggen soll oder nicht.

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  4. Leeeecker, ich liebe Artischocken :) hab letztens ein Artischockenrisotto gegessen - so gut. Wenn ich irgendwo eingelegte im Glas sehe, mùssen die immer mit!

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    1. Artischocken im Risotto! Das ist die Idee! Danke dafür.

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  5. Danke für dei ausführlich Artischocken-Information; da war viel Neues dabei. Wenn ich jetzt noch wüßte, wo ich diese Winzlinge herkriege, würde ich sie sofort einlegen....

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    1. Gibt es die bei euch derzeit gar nicht? Hier auf den Märkten gibt es große und kleine Artischocken in Hülle und Fülle. Allerdings halt auf den Märkten. Bis in die meisten Supermärkte schaffen es die Artischocken hier auch kaum.

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    2. Irrtum, ich habe heute bei Lidl italienische frische Artischocken gesichtet, aber nicht gekauft.
      Bisher hab ich die auch nur auf Märkten gesehen.

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    3. Echt jetzt?
      Aber andererseits habe ich letztes Jahr beim Hofer einmal sehr schöne Artischocken gekauft. Vielleicht geschehen ja noch Zeichen und Wunder.

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    4. 99 Cent das Stück.
      Eigentlich hätt ich die eh kaufen müssen, um sie so einlegen zu können wie du, ich Dösl ich :-(

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    5. Sind das große Artischocken? Die kenne ich eingelegt gar nicht, da kenne ich nur solche Zwerge.

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    6. faustgroß waren die inkl. der Schuppung, ich denke die waren so in deiner Größe.

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    7. Ich seh schon, dass ich dir ein Glas spendieren muss, damit du siehst, wie groß die Zwerge sind. ;)

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    8. hm? ggggg :-)
      Um das genauer zu untersuchen nehme ich das Glas doch gerne an:-)

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  6. Ach Artischocken, mmmhhh. Eingelegte Minis mit Stängel mag ich am liebsten. Deine schaun auch so winzig aus, die müssten so auch super sein, erspart zumindest viel Arbeit. Ich habs aber auch noch nie selbst ausprobier. Meine Artischokenzucht ist im 3. Jahr. Im 1. keine Artischocke, den Winter habendie Pflanzen nicht überstanden. 2. Jahr eine wunderschöne Artischocke, freudige Überraschung, mit viel Strohmulch überwintert, im Frühjahr haben 3 Pflanzen wieder ausgetrieben, der Rest ist verfault, hab wohl zu dick gemulcht. 2 sind jetzt noch über, eine ist der Sense zum Opfer gefallen. Bin gespannt was sich heuer also so tut. Eine Bergsrtischocke hab ich noch zusätzlich erstanden. Hoff auf eine kleine, schöne Ernte!! Die Artischocken stehen bei mir übrigens gleich neben den Erdäpfeln, die ich aber nie anhäufel

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  7. Mit Stängel magst du sie gern? Meine waren schon ohne Stängel, als ich sie gekauft habe. Gestern war ich an Naschmarkt, da waren die großen Artischocken mit Stängel, die kleinen ohne. Irgendwie komisch, weil bei den großen habe ich noch nie einen Stängel gehabt, der essenswert gewesen wäre.

    Du häufelst Erdäpfel nie an? Interessant! Man lernt doch nie aus.
    Vor einiger Zeit habe ich gelesen, dass z. B. Paradeiser mehr tragen, wenn man sie nicht aufbindet, sondern auf Stroh am Boden wachsen lässt. Bei mir ist das ja keine Option, weil auf dem Balkon nicht so viel Platz ist, dass die da herumliegen könnten, aber ich finde es einfach spannend, was man alles dazulernen kann!

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    1. Nein, bei den großen sind die Stängel eher nix, seltsam, dass das genau 'verkehrt' verkauft wird.
      Das mit den Paradeisern und dem Stroh könnt ich an einer Pflanze einmal testen, irgendwie widerstrebts mir nur. Ich mag meine Paradeiserbüsche immer so gerne, aber vielleicht änder ich meine Meinung nach dem Testlauf. Ich berichte!

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    2. Mir kommt das auch komisch vor. Aber ich wollte eh irgendwann zu den österreichischen Artischockenbauern im Marchfeld fahren. Vielleicht schaffe ich es heuer. Dort kriege ich dann hoffentlich die kleinen Artischocken mit Stiel.

      Die Arche Noah hat mal eine groß angelegte Testpflanzung gemacht. Ich war dort lange Mitglied und habe die Zeitung der Arche Noah bekommen, da war das dann lange beschrieben und die Unterschiede dürften wirklich deutlich gewesen sein.
      Ich glaub, der Stekovics im Burgenland macht das auch nicht mehr, dass er die Paradeiser aufbindet.

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