Freitag, 30. Mai 2014

Undurchsichtiges Holler-Apfelgelee

Apfelbäume "unseres" Apfelbauern
Apfelsaft ist so eine Sache, der ich nie viel Aufmerksamkeit geschenkt habe. Wenn ich sehr durstig war, habe ich gern mal Apfelsaft aufgespritzt (=Apfelschorle) getrunken. Ende der Durchsage. Nun ist es aber so, dass ich - weil ich quasi eh nix zu tun habe - mit ein paar Leuten eine Food Coop gründe. Falls es jemanden interessiert, das ist die da: Food X, daheim in Wien, St. Favoriten. Und in der Zeitung sind wir auch schon zu finden: click Wir brauchen noch jede Menge leidensfähige Menschen, die auch quasi sonst nix zu tun haben, dafür viel Enthusiasmus mitbringen. Zu verdienen gibt es nichts, aber viel zu gewinnen. Außer einem guten Gefühl jede Menge ausgezeichnete Produkte. Eben Äpfel und Apfelsaft zum Beispiel. Wie zum Beispiel vom Bioobstbau Filipp. Dass er wirklich ausgezeichnete Säfte macht, sieht man daran, dass die Säfte durchwegs mit Medaillen ausgezeichnet wurden. Es gibt nicht nur sortenreine Apfelsäfte, sondern auch Mischsäfte wie Apfel-Ribisel oder Apfel-Rote Rübe.

Ich persönlich kann bei den sortenreinen Säften nicht sagen, von welcher Apfelsorte welcher Saft stammt, aber es sind enorme Unterschiede zu schmecken. Hätte mir das jemals jemand gesagt, dass ich einmal so von Apfelsaft schwärmen würde, ich hätte es nicht geglaubt. Von zuckersüß bis herb säuerlich ist jede Spielart denkbar.


Na jedenfalls war ich mit ein paar Leuten meiner FoodCoop auf Fact Finding Mission und wir haben den Betrieb heimgesucht, um zu sehen, ob das wirklich etwas ist, was wir unterstützen wollen. Ich muss sagen, die romantische Vorstellung von der händischen Apfelquetsche konnte ich mir gleich einmal abschminken. Es gibt dort eine sehr professionelle Apfelverarbeitungsstrecke mit Abfüllanlage und allem pipapo. Ich war beeindruckt!

Wer denkt, er kann so einen Saft zum Discount-Preis von 70 Cent pro Liter über eine FoodCoop beziehen, der irrt. Qualitativ hochwertige Produkte verlangen einen unglaublichen Arbeitseinsatz und, wie wir an der Verarbeitungsstrecke gesehen haben, Geldeinsatz. Wir bekommen einen fairen Preis vom Bauern und den zahlen wir gern. Abgesehen davon, dass die Säfte sowieso so intensiv nach Apfel schmecken, dass man sie nicht 1:1 mit Wasser verdünnt, um noch Früchte herauszuschmecken, sondern durchaus auch 1 Teil Saft mit 3 Teilen Wasser und es schmeckt immer noch besser als der handelsübliche 08/15-Saft.

Die Tanks für die Apfelsäfte sind riesig!

So, das war jetzt eine unglaublich lange Einleitung zu einem sehr einfachen Rezept. Was ich aber noch immer nicht gesagt habe: Der Saft ist nicht einfach nur naturtrüb, sondern hat sehr viele Schwebstoffe, sodass man absolut gar nicht durchschauen kann. Daher wird auch das Gelee nicht durchsichtig, wie ich das sonst von Gelees kenne.

In Wien neigt sich die Hollerblütenzeit dem Ende zu, daher hier noch ein Link, wo man noch ernten kann: Click zu Stadtfrucht Wien



Man nehme:
1 l Apfelsaft
2 Bioorangen
10 - 15 Hollerdolden (je nach Größe)
1 Packung Gelierzucker 3:1
1 Hand voll Minze (ich: Orangenminze)

Die Blütendolden am besten an einem sonnigen Morgen pflücken, dann ist der Geschmack am intensivsten. Nicht waschen! Das ist wichtig, denn mit dem Blütenstaub würde man auch den Geschmack wegwaschen. Aber es verirren sich dennoch gern Insekten in die Blüten, daher lege ich diese immer auf ein Stück Küchenrolle oder ein Geschirrhangerl, nach ein paar Stunden sind die Viecher ausgewandert. Allerdings: Wenn man verlauste Dolden gepflückt hat, kann man lange warten, denn die wandern nicht aus. Solche Dolden pflückt man besser gar nicht erst. Und wenn man irrtümlich so eine Dolde erwischt hat, schmeißt man sie weg.

Die vorbereiteten Dolden übergießt man mit dem Apfelsaft. Die Orangen waschen und in Scheiben schneiden, auf die Blütendolden legen. Alles mit Folie verschließen und im Kühlschrank mindestens 24, maximal 48 Stunden durchziehen lassen.

Den Apfelsaft durch ein Sieb abseihen, am besten direkt in ein Einkochhäfen hinein. Die Orangenscheiben auch durch das Sieb auspressen, Blütendolden gut ausdrücken. Den Gelierzucker einrühren. Äpfel enthalten viel Pektin, daher kann man den Gelierzucker so unterdosieren, denn eigentlich wäre der nur für 3/4 l geeignet, man hat aber mehr als 1 Liter Saft. Keine Sorge, das geliert problemlos.
Während der Saft erwärmt wird, zupft man die Minzblätter vom Stängel und hackt sie fein. Den Saft mit dem Gelierzucker 3 min. durchkochen lassen, Gelierprobe machen. Ganz am Schluss die gehackten Minzblätter einrühren und alles in sterilisierte Gläser abfüllen. Ich nehme nur Gläser mit Schraubverschluss, denn die kann man gut auf den Kopf stellen, damit sich ein Vakuum bildet, was die Haltbarkeit erhöht.



Das ist definitiv das beste Holler-Gelee, das ich jemals produziert habe. Auch hier zeigt sich wieder: Je besser die Ausgangsprodukte, desto erfreulicher das Endergebnis.

Was ich nun auch noch anbringen muss: Man kann den Apfelsaft auch sehr gut einreduzieren. Ich trinke nicht so viel Saft, dass ich einen Liter so im Handumdrehen weggetrunken hätte. Bevor mir eine halbe Flasche im Kühlschrank liegen bleibt, koche ich den Saft um ca. 75 %  ein. Diesen Dicksaft kann man dann sehr gut verwenden für Marinaden, in die man sonst Honig oder Zucker hineingeben würde. Oder auch als Ersatz von Agavensirup oder Ahornsirup, zum Beispiel über Pancakes geträufelt.




 Das ist nun definitiv tierfrei, daher schicke ich meine Mamlad bei der Frau Esskultur vorbei.

tierfreitag


Und dann ist da noch das Holler-Event vom Gärtner-Blog, also noch ein Banner:

 GKE_Mai2014_Holunderbluete_400x112

14 Kommentare :

  1. Gefällt mir alles sehr, was ich bei dir lese. Vorallem die Foodcoops finde ich eine tolle und spannende Sache. Bis das in F Schule macht, wird es bestimmt dauern - die Fränzis sind einfach zu unstrukturiert. Aber auch dein Gelee ist eine feine Sache. Ich bin ja sowieso kein großer Fan von durchsichtigen Gelees - warum auch immer...
    ... sonnige Grüße

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  2. Sonnige Grüße ... *hach* Wir sitzen quasi im Dauerregen! Also ich sollte nicht nörgeln, weil ein kleines blaues Fleckerl am Himmel habe ich heute schon gesehen.

    Micha, ich wohne in einem typischen Arbeiterbezirk, wo es wirklich viele Leute mit sehr wenig Geld gibt. Das heißt, wir haben, obwohl wir der größte Bezirk Wiens sind, nicht einmal einen Bioladen. Also gibt es nur diese Chance, dass wir uns viel Arbeit antun, um gute Produkte auch günstig zu bekommen. Ob es was wird, das wird sich erst zeigen. Die Geburt dieses Kindes ist jedenfalls keine einfache gewesen. ;)

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  3. Susi, ich bin sicher, da eure Sache eine gute ist, und ihr engagierte Leute offenbar habt, das das was wird.

    Und du musst nicht meinen, wenn man am Land wohnt, in einem Ort wo wenige "arme" Leute wohnen (ah außer uns natürlich) dass man da einen Bioladen findet, mir fallen in der Umgebung nur welche in den Städten ein, nicht aber hier. In der weiteren Umgebung gibt's noch einen Bio Bauernhof mit Hofladen, das ist aber für mich schon wieder relativ weit zu fahren und nicht ökologisch, da kann ich auch anderswo Bio Produkte kaufen.

    Aber ich schreib schon wieder Romane, dein Gelee sieht sehr, sehr gut aus!

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    1. Na jaaa im Moment sind wir auf Lagersuche, weil wir sind ja in der Gebietsbetreuung nur auf Zeit (zwar ohne Fristsetzung, aber doch). Und auch wenn man sehr engagiert ist, dann sind manche Sachen sehr zach!
      Ja, stimmt, anständig einkaufen ist nicht einfach, wenn man nebenher noch was anderes auch zu tun hat. Das merk ich immer wieder. Innerhalb von Wien kostet es einfach nur meine Zeit, weil ich alles mit Öffis fahre, aber dennoch. Mir wäre es halt lieber, wenn wir das mit der Coop endgültig auf die Reihe kriegen.

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  4. Der Holler blüht.....Orangen hab ich auch noch. Den sortenreinen Apfelsaft muss ich kaufen....aber los. Abererst, wenn wieder die Sonne scheint.
    Und ich finde es toll, was für Initiativen rund um genussvolles, nachhaltiges Essen entstehen. Das macht Spaß.

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    1. Ja, stimmt, es macht wirklich Spaß. Es verursacht schlimmstenfalls Eustress, wenn man sich da engagiert.

      Ich will dieses Wochenende auch noch losziehen und schauen, ob ich noch ein paar Blütendolden finden kann. Leider ist das Wetter grad blöd.

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  5. die Food Coop Idee finde ich toll und dass da viel Arbeit dahinter steckt glaube ich dir gerne.
    ich beneide alle, die Holunderblüten verarbeiten können. Ich finde hier nur welche die voller Läuse sind oder an stark
    befahrenen Straßen und außerdem regnet es ständig.
    bei fb kann ich dich nur abonnieren?
    Liebe Grüße

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    1. Na das ist blöd, wenn du keinen Holler findest. Hast du schon bei mundraub.org geschaut? Die haben viele Plätze eingetragen, die vielleicht auch bei dir in der Nähe sind.
      Meine Prostmahlzeit-Seite bei fb kannst du nur abonnieren, aber Susi Turbohausfrau kann man auch eine Freundschaftsanfrage schicken. ;)

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  6. Bislang hab ich mein Holunderblütengelee immer mit Weißwein gemacht, dein begeisterter Bericht läßt mich doch schwankend werden. Tollen Apfelsaft gibt es hier nämlich auch- von den Streuobstwiesen.

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    1. Streuobstwiesen! Ein schöner Traum, dass ich hier so etwas finden könnte.
      Mit Weißwein kenn ich das Gelee gar nicht.

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  7. Der Apfelsaft schmeckt wirklich großartig! Freut mich sehr, dass er den Weg nach Deutschland gefunden hat :D

    Und im Gelee kann ich mir das auch sehr gut vorstellen, egal oder durchsichtig oder nicht ;)

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    1. Schön, dass er dir geschmeckt hat. :)
      Ich hab gestern an dich gedacht, denn es gab Spargel aus dem Rohr und da war dein Kokosblütenzucker mit an der Würzung beteiligt. Hat toll geschmeckt!

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  8. Ich wollte Dir gerade einen Link auf ein Holunder-Prosecco-Gelee von mir schicken, da muß ich doch sehen, daß ich es gar nicht veröffentlicht habe. Tss!

    Aber Dein Bericht gefällt mir sehr gut und Dein Gelee auch. :-)

    Liebe Grüße, Sus

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    1. Holunder-Prosecco-Gelee klingt aber auch sehr fein! Muss ich im Hinterkopf behalten.

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