Samstag, 20. September 2014

Nigel Slaters Küchentagebuch

Wir mögen uns wieder, der Nigel Slater und ich. Also ich ihn. Er kennt mich dann doch eher nicht. Das mit dem Mögen war nach diesem Rezept nicht ganz klar. Auch wenn er noch so fesch von seinem neuen Kochbuch herunterlächelt. Ich muss ganz ehrlich sagen, dass mich das Küchentagebuch nicht vom ersten Moment in den Bann gezogen hat, wie das beim Tender - Gemüse oder beim Tender - Obst der Fall war. Von einer gewissen Fadesse getragen wie das oben erwähnte Rezept fand ich die Sache. Die Fotos zwar schön, aber sehr dunkel. Anfangs ging es mir so wie Gregor Fauma bei seiner Buchkritik. Was dem Gregor die Geschichte mit dem Tisch ist, war bei mir die Sache mit der Knoblauchpresse ... Brauch ich nicht, muss ich nicht lesen.

Aber das Küchentagebuch ist halt kein Kochbuch im normalen Sinn. Man kann es nicht einfach aufschlagen und findet die Rezepte nach Kategorien eingeteilt, sondern das Buch begleitet Nigel Slater durch ein Kochjahr. Eigentlich nicht nur eines, denn er hat das Buch aus seinen Küchennotizen über mehrere Jahre zusammengestellt. Da muss man sich drauf einlassen können, dann wird das was. Es sind nicht alle Rezepte ein Highlight, aber ich hab ehrlich gesagt noch kein Kochbuch gefunden, bei dem das der Fall war. Gusto und Watschen sind halt einmal verschieden. Gutes Beispiel: Das Holler-Apfel-Rezept fand zum Beispiel bei Simone großen Anklang.

Daher habe ich beschlossen, einen Tag nur aus diesem Buch zu kochen. Das ergab einmal Frühstück + ein Hauptgang + Kuchen, zusammengesucht quer durch das Jahr.


Porridge
Dieses Rezept ist eigentlich kein richtiges, sondern ein Philosophieren um einen Stecken, mit dem man in Schottland offenbar Porridge rührt - so einen nennt Nigel Slater natürlich sein eigen. Und er hat handgedrechselte Holzschalen, aus denen er sein Porridge isst. Diese Informationen gehören für mich in die Kategorie: Man muss auch die Fraktion der RegenbogenpresseleserInnen befriedigen.
Für's Porridge gießt er unter ständigem Rühren 1 Tasse mittelgroben Haferschrot in 3 Tassen kochendes Wasser - damit ihn nicht der Teufel holt, rührt er im Uhrzeigersinn, und zwar vier Minuten, dann kommt ein knapper Teelöffel Salz hinein, und er rührt eine weitere Minute. Am Ende kommt noch etwas Schlagobers oder Creme double (die es hier meines Wissens nicht gibt) dazu. Nachdem das Rezept im tiefsten Winter entstanden ist, gibt er dunkle Marmelade oben drauf. Hier ist gerade Erntezeit, daher gibt es bei mir ganz sicher noch nichts Eingekochtes. Und Nigel Slater isst sein Porridge im Stehen - zu viel Information für mich.
Aber ein wirklich feines Frühstück. Auch die mir anfangs enorm große Menge an Salz passt nicht nur, sondern gibt dem Porridge eine ganz besondere Note. Immer noch ein unaufgeregtes Frühstück, kein großes Kino, aber anständiges Handwerk.

Ringlotten-Mandel-Tarte
Teig:
200 g Mehl (ich: universal)
100 g Butter, in kleinen Stücken
1 Eigelb
2 - 3 EL Milch
1 Prise Salz
Belag:
100 g Butter
125 g Zucker
2 Eier
125 g Mandeln, gemahlen
60 g Mehl (wieder universal)
400 g Ringlotten (sicher gehen auch Zwetschken)

Nigel Slater gibt Mehl und Butter in die Küchenmaschine und verbröselt beides mit einer Prise Salz, dann kommen Eigelb und Milch dazu, bis ein fester Teigball entsteht. Der Teig wird ausgerollt und in eine Tarte-Form gelegt, Form mit Teig drinnen 20 Minuten kalt gestellt.

Backrohr auf 200 Grad vorheizen. Nach der Kühlzeit den Teigboden mit Backpapier auslegen und mit Trockenbohnen 20 min. blind backen. Papier und Bohnen entfernen, weitere 5 min. backen. Rohr auf 160 Grad runterschalten. Für die Fülle Butter und Zucker mit dem Handmixer cremig rühren, Eier stückweise einrühren, Mandeln und Mehl unterziehen. Auf den Teigboden geben, glattstreichen, Ringlotten draufsetzen. 40 min. backen. Bei mir war der Kuchen 50 min. im Rohr und wie man sehen kann, war er in der Mitte immer noch weich. Ich nehme an, das ist so gewollt? Wer das nicht mag, sollte drauf achten, dass sich der Kuchen in der Mitte nicht schwabbelig anfühlt. Ich hatte gedacht, das wird noch fester nach dem Auskühlen, tat es aber nicht.
Jedenfalls war der Kuchen ausgezeichnet! Von mir eine Nachbackempfehlung trotz Schwabbel.


Schweinefleisch mit Knoblauch und Austernsauce
Das ist ein Rezept, das so unscheinbar klingt, dass ich es fast übersehen hätte. Was ein großer Fehler gewesen wäre!

5 EL neutrales Öl
350 g Schweinsschulter oder -filet
3 - 4 Zehen Knofi
2 Schalotten
4 Chili
150 g Shiitake (frisch)
3 EL Austernsauce
3 EL Shaoxing-Reiswein

Fleisch in Würfel schneiden,  Knoblauch und Schalotten in feine Scheiben. 2 Chilis in feine Ringe schnibbeln, 2 ganz lassen.
Wok erhitzen, 2 EL Öl hineingeben. In das sehr heiße Öl die Hälfte der Fleischwürfel geben und rasch anbraten, herausnehmen, wenn die Kanten braun werden, die zweite Hälfte genau so anbraten. Herausnehmen.
Wiederum Öl erhitzen, Knoblauch, Schalotten und Chilis 1-2 min. rührbraten, wenn sie Farbe genommen haben, Pilze dazugeben und mitrösten, bis sie weich sind. Fleisch wieder dazugeben und heiß werden lassen. Austernsauce und Wein einrühren, die Sauce ein paar Minuten einkochen lassen.

Ein unglaublich tolles Essen! Und Fast Food, weil am längsten dauert es, den Reis zu kochen. Nachkochverpflichtung! ;)

Was es noch zu sagen gibt? Das Buch ist dick - 532 Seiten mit 180 Fotos und 250 Rezepten. Man ist auf jeden Fall einige Zeit mit Lesen beschäftigt und es macht wirklich Spaß! Einfach weil es nicht "nur" ein Kochbuch ist. Wie bei vielen Büchern interessiert mich nicht alles und ich bin wirklich froh, dass ich nicht nach einem Rezept beschlossen habe, dass das Buch doof ist, denn das ist es wirklich nicht. Für meinen Geschmack ein bissl viel Promi-Zeugs über Nigel Slater, aber ich habe wahrscheinlich ein total verkümmertes Gen, was so etwas angeht. Die Rezepte sind teilweise schlicht und schauen nicht aus, als wären sie so toll, aber sie sind es - so wie eben dieses Schweinefleisch mit Austernsauce. Also wieder einmal ein Kochbuch von Nigel Slater, das man kaufen sollte.

Danke an den Dumont-Buchverlag, dass er mir das Kochbuch für die Rezension zur Verfügung gestellt hat, was übrigens keinen Einfluss auf meine Meinung hat.


21 Kommentare :

  1. Also wenn ich das richtig verstehe ein Lesebuch mit Rezepten, die man auch übersehen könnte, wenn man grad gelangweilt von einigen Informationen ist?
    Ich weiß wieder warum ich kein Kochbuchfan bin ;-)
    Das Schweinefleisch klingt genial, hätt ich grad Schwein daheim würde ich sofort an den Herd stürzen, leider hab ich keines da :-(

    Lg. S.

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    1. Ich würde das Buch kaufen, wenn ich es nicht schon hätte. Vor allem scheine ich ja nicht unbedingt ein Maßstab zu sein, denn viele überschlagen sich vor Begeisterung.

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  2. Hihi, den Promi-Faktor habe ich irgendwie überlesen. Ich finde die Tagebuchstruktur einfach spaßig und lese gerne philosophische Abhandlungen über Kochlöffel. Und dass ich Ideen für die Alltagsküche zu schätzen weiß - eh klar :-)
    Übrigens: bei uns gibt es Crème double in kleinen gelben Bechern von Dr. Oe. Ich wüßte gar nicht, wie man sonst durch die ganzen Nigel-Slater-Rezepte kommen sollte.....ist ja quasi eine Grundzutat :-)

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    1. Leider hab ich keine Ahnung, wo ich Creme double kaufen könnte. Und es stimmt, bei Slater ist die eine Grundzutat, daher muss ich etliche Rezepte von vornherein ausschließen, wenn ich sie wirklich genau nachkochen will.

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  3. Nigel Slater gefällt mir, und er ist einer der wenigen Kochbuchautoren, die ich lese. Das Schweinefleischrezept finde ich wunderbar.

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    1. Ich mag ihn auch gern und finde seine Rezepte meistens ausgezeichnet.

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  4. Da hätte ich auch zugeschlagen - bei allem. Klingt sehr gut und zeigt wieder mal, wie lecker einfach sein kann!

    Und sorry - passt nicht so ganz, aber immer wenn ich lese "unter ständigem Rühren" muss ich an "unter ständigem Rühren in den Ausfluss gießen" denken *g*

    Käme mir bei Deinem leckeren Essen aber nicht in den Sinn!!! :-*

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    1. Jetzt hab ich mich am Tee verschluckt bei deinem Ausguss-Spruch ... :D
      Den kannte ich noch gar nicht. Danke dafür. Ab und zu kann man den sicher brauchen. ;)

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  5. Hallo Turbohausfrau,

    Creme double gibt es in unserer Gegend im sogenannten REWE-Markt oder auch EDEKA. Ist so ne gelbliche Verpackung bzw. Becher. Ich glaube, ist von Dr. Oetker.

    LG

    Iris

    Iris

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    1. Liebe Iris,
      wir haben zwar die Rewe-Kette, vertreten durch Merkur und Billa, aber keinen Edeka. Es kann eh sein, dass irgendwo Creme double versteckt ist, weil ich kann echt wie ein blindes Hendl durch Supermärkte rennen und alles mögliche übersehen.

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  6. Irgendwie kannst du mich auch mit diesem Post nicht so recht von dem Buch überzeugen, verzeih'. :-)

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    1. Eva ist weder da! Ich freu mich! :)

      Aber ich bin sicher in der Minderheit. Viele BloggerInnen sind hin und weg von dem Buch. Du solltest dich also nicht unbedingt nur an mir orientieren. ;)

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  7. Na das war eine ausführliche Antwort! Danke. :)
    Dann werde ich beim nächsten Mal Mascarpone und Schlagobers verrühren.
    Unsere Creme fraiche ist auch wieder nicht mit der deutschen zu vergleichen. Für Flammkuchen nehme ich zum Beispiel Sauerrahm zum Draufstreichen, bestenfalls eine Mischung aus Creme fraiche und Sauerrahm.

    Alles nicht so einfach. ;)

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  8. Statt Creme Double nehme ich- wenn ich sie erwischen kann- gerne die Creme fraiche d'Isigny, gelegentlich beim Käse-Stand auf dem Markt erhältlich.
    Und das Küchentagebuch... ich halte mich erstmal lieber an mein "eat" , ich denke da gibt es Überschneidungen.

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    1. Oh je, ich fürchte, die d'Isigny kenne ich auch nicht. Komisch, dass es so viele Milchprodukte hier nicht gibt - oder zumindest ich sie nicht kenne.

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    2. ich kenn die aus Frankreich- und wenn du sie mal irgenwo siehst, zugreifen!

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    3. Ich hab die Creme schon aufgeschrieben, damit ich sie bloß nicht übersehe, wenn sie mir mal über den Weg läuft. Danke für den Tipp!

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  9. Die Tarte sieht ja sowas von lecker aus.. da läuft mir ja regelrecht das Wasser im Mund zusammmen. Werde ich demnächst sicher mal nachbacken, dann mit Pflaumen ;-) Habe noch welche eingefroren..

    Liebe Grüße
    LisaCuisine

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    1. Oh, liebe Lisa, ich sehe diesen Kommentar erst jetzt. Das tut mir sehr leid. Aber ich freue mich auch heute noch sehr drüber!

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  10. und ich weiß jetzt was Ringlotten sind - musste wirklich grübeln. Bei uns heißen sie Reineclauden

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    1. Jaaaa, auf meinem Blog muss man Wienerisch lernen, um ihn zu verstehen. ;)

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